Nicole Schweizer ist Trainerin für Resilienz, Stressbewältigung und Entspannung und langjährige Partnerin im Netzwerk für Gesundheit. Sie ist zudem Dozentin am Zentrum für Naturheilkunde München im Bereich Entspannung und gibt Kurse, Workshops und Einzeltraining. Wir haben mit ihr gesprochen.
Die Philosophie Ihrer Arbeit ist „Leben in Balance“ was bedeutet das?
Unser heutiges Leben in der modernen Welt besteht oftmals zu einem großen Teil aus Anspannung. Ein Übermaß an Anspannung führt oft dazu, dass, wenn Entspannung dringend benötigt wird, sie nicht in erholsamen Maße eintreten kann. Ein typisches Beispiel hierfür sind Schlafstörungen, die auftreten, obwohl derjenige völlig erschöpft vom Tag ist. Natürlich ist Anspannung nötig, denn Anspannung führt zur Leistungsfähigkeit. Wichtig ist jedoch das Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung zu bewahren „Leben in Balance“, das ist der Mittelpunkt meiner Arbeit.
Wodurch wird diese Anspannung verursacht?
Wir leben in unserer modernen Zeit in einer Schnelllebigkeit, die uns mit einer Flut von Informationen und Aufgaben kräftig fordert. Oftmals ist dies auch noch gekoppelt mit dem Gefühl, „multitaskingfähig“ sein zu müssen. Eine ständige Erreichbarkeit auf unterschiedlichen Kanälen – diese permanenten Reize lassen uns oft unter starker Anspannung stehen. Dazu kommt, dass bei überwiegend sitzender Tätigkeit wenig körperlicher Ausgleich geschaffen werden kann. Zudem hat die Stressforschung herausgefunden, dass Menschen in andauernden stressigen Zeiten dazu neigen, ungünstige Angewohnheiten zu verstärken. Dies kann sich z.B. darin äußern, dass der Zucker- oder Alkoholkonsum zunimmt oder dass das die Abende vor dem Fernseher deutlich mehr werden. Durch diese Angewohnheiten verstärkt sich die Anspannung noch, es tritt also eine Art Teufelskreis ein.
Warum ist es oft so schwierig, diese übermäßige Anspannung loszulassen?
Der Druck der ständigen Präsenz ist oft groß und die neuen Medien haben eine nicht zu unterschätzende Sogwirkung. Die Angst, etwas zu verpassen, wenn man die Welt sich einfach mal drehen lässt und sich nur auf sich selbst im Hier und Jetzt besinnt, ist weit verbreitet. Aber genau darum geht es bei dem Leben in Balance: Neben der zum Leben dazugehörenden Anspannung auch ganz bewusst die Entspannung zu leben und zu fühlen. Sich immer wieder mit sich selbst zu verbinden und seine Empfindungen im Augenblick wahrzunehmen. Auch die in letzter Zeit populär gewordenen Begriffe der Achtsamkeit und Entschleunigung zielen auf das Bewusstsein im aktuellen Moment ab. Und dieses haben wir oft verlernt – die aktuellen Gedanken bewusst wahrzunehmen, aber sie auch gezielt wieder los zu lassen und sich nicht in Ihnen zu verstricken. Wie dies gelingen kann ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt von einem Leben in Balance.
Sie sind auch in der betrieblichen Gesundheitsförderung tätig. Was kann man sich darunter vorstellen?
Immer mehr Unternehmen erkennen, dass die Menschen, die dort arbeiten, das Unternehmen „sind“. Gesunde und zufriedene Mitarbeiter sind für Unternehmen eine wichtige Ressource, zumal auch die ökonomische Seite nicht zu unterschätzen ist. Bei zufriedenen Mitarbeitern sinkt die Krankheitsrate und die Leistung steigt.
In meiner Arbeit in der betrieblichen Gesundheitsförderung geht es zunächst darum, was die Mitarbeiter des Unternehmens brauchen. Nach einer Analyse etabliere ich ein Programm mit verschiedenen Bausteinen, die oftmals aus den Einzelbereichen Bewegung, Entspannung und Ernährung bestehen. Diese individuell zugeschnittenen Programme führe ich dann mit meinen Kooperationspartnern durch. Vom Umfang her kann dies ganz unterschiedlich sein. Von einem Workshop von drei Stunden oder einem Gesundheitstag, bis hin zu fortlaufenden Kursen– je nachdem, wie der Bedarf und das Budget sind. Es ist eine schöne Entwicklung zu sehen, dass Unternehmen mehr und mehr Bewusstsein für zufriedene und gesunde Mitarbeiter entwickeln.
Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus?
Mir ist es wichtig, den Menschen etwas mitgeben zu können, was sie konkret im Alltag anwenden können. Es geht ganz zentral darum, zu verstehen, dass jeder der Schöpfer seines eigenen Lebens ist. Wenn ich etwas im Inneren verändere, verändert sich auch etwas im Außen.
Von der Methodik her arbeite ich mit klassischen Entspannungsmethoden wie dem Autogenem Training, Muskelentspannung, Atementspannung und Fantasiereisen. Außerdem Achtsamkeitsübungen, Meditationen und mentalem Training. Darüber hinaus können Methoden aus dem Resilienztraining, Kommunikationspsychologie und NLP zum Einsatz kommen.
Für ein Leben in Balance und Leichtigkeit geht es letztendlich darum, die individuellen inneren Ressourcen zu aktivieren, verantwortungsvoll und achtsam mit sich und der Welt umzugehen und sich darüber klar zu sein, dass man immer die Wahl hat zwischen: love it, change it, or leave it.