Straßen des Lebens

Ein Beitrag unserer Netzwerkpartnerin Bettina Stephanie Sohler

Heute fesselte mein Blick ein interessantes Türschild mit der Aufschrift: “ Wer seinen eigenen Weg geht, der kann nicht überholt werden“.

Positiv und geschmackvoll gestaltet war es auch, also ich kehrte ich wirklich nochmal um, um es zu lesen. Es stimmte mich nachdenklich. Mir gefällt der Spruch, jedoch hat er auch einen „interessanten“ Beigeschmack, denn wer sagt uns, dass überholt werden schlecht oder einschränkend sein muss?

In meiner früheren Arbeit als Kindergartenpädagogin spielte ich ein Brettspiel mit den Jüngsten, es hieß: Tempo, kleine Schnecke. Auf klein kindliche und lustvolle Art und Weise dürfen die Schnecken ein Wettrennen gestalten und wer als schnellster am Ziel ist, gewinnt. Natürlich ein Glücksspiel mit Würfel. Witzig, denn Schnecken haben es ja eigentlich nicht eilig. Den Kindern gefiel es, doch auch da zeigt sich bereits, es geht sehr oft und früh darum den schnellsten Weg zu gehen und auch am Ziel anzukommen.

Überholen macht Spaß und ermöglich es einem schneller als die anderen zu sein. Oft wird es auch belohnt der Schnellere/die Schnellere gewesen zu sein.

Wer kennt es nicht und bei wem bleibt die Freude darüber aus?

Wer definiert die Geschwindigkeit in unserem Leben? Wer betätigt das Gaspedal und die Bremse? Von wem werden wir überholt und von wem nicht? Stört es uns überholt zu werden und wenn ja warum? Haben Sie sich da schon einem Gedanken darüber gemacht?

Nehmen Sie sich gerne ein paar Minuten, wenn es passend für Sie erscheint und denken Sie darüber nach.

Ich kann mich erinnern, als ich die Ausbildung zur Sozialpädagogin in Stams machte und wir uns mit dem Thema TEAM beschäftigten – fiel der Begriff der Trittbrettfahrer. Ist Ihnen dieser Begriff bekannt? Es bezeichnet Menschen, die sich gerne auf Bemühungen und Kosten anderer Lob einhamstern und meinen/so tun, es wäre ihr Werk. Vielleicht dann auch noch die Aufmerksamkeit dafür bekommen, obwohl die Arbeit hinter den Kulissen ein anderer oder andere taten…

Generell ist es mutig seinen eigenen Weg zu gehen, Abkürzungen zu nutzen, Umwege zu gehen und niemals ganz anzukommen… denn dann wäre das Leben ja schon vorbei.

Wenn wir überholt werden, kann es uns ja auch zeigen, dass wir gerade am Genießen sind, uns Zeit nehmen, vorsichtig zu fahren oder auch um die Gegend zu betrachte, uns Klarheit zu verschaffen, bis wir uns wieder aufmachen um neue Straßen des Lebens zu befahren.

Der Herbst mit all seinen Facetten, zeigt uns momentan seinen bunte Pracht – er zeigt uns, dass die Natur sich aufmacht um neu zu werden. Die Blätter färben sich, fallen dann ab und schenken dem Boden Humus. Neues darf nach dem Winter wieder entstehen.

Jeder Baum geht seinen eigenen Weg und ermutigt uns jedes Mal beim Betrachten aufs Neue, dies auch zu tun. Er erinnert uns an das Ernten und Dankbar sein für die Fülle im Leben, für das Loslassen des Alten und Überreifem. Er erinnert uns an die Beständigkeit der Wurzeln, die er jedem von uns wünscht, er erinnert uns daran, dass wir jederzeit und kostenlos einen von ihnen aufsuchen können und Kraft bei ihnen zu tanken.

“ Wenn sich dein Weg gerade schön anfühlt, dann geh´ ihn – egal wohin er dich führt. Wenn sich dein Weg gerade holprig, auslaugend und anstrengend anfühlt – nimm dir die Zeit und suche dir ein ruhiges Plätzchen um „überholt zu werden“ und das Ausruhen zu genießen.“

26. November 2019

Kommentar hinterlassen

  • (will not be published)


× sechs = 24